Höchster Kreisblatt 29.11.2008

Höchster reisten in die Unterwelt

Von Gerald Schäfer

Höchst. Etwas unheimlich ist es im alten Pumpwerk am Mainberg schon: Von klammen Wänden bröckelt der Putz. Kabel kommen aus dem alten Mauerwerk hervor, um wenige Meter weiter wieder darin zu verschwinden. Von der Decke hängen Spinnweben herab, und der Staub liegt Millimeter hoch auf den Rohren. Hinzu kommt das beständige Maschinenbrummen, das den kleinen Raum erfüllt. Denn noch pumpt das Werk die Abwässer des Frankfurter Westens hoch in Richtung Bolongarostraße. Im kommenden Jahr werden die Maschinen stoppen: Das neue Pumpwerk steht schon: einige Meter den Mainberg hinauf.


Der Grund für den Neubau: Das denkmalgeschützte Gebäude liegt zu tief, mitten im überschwemmungsgebiet. Beim Hochwasser 1995 lief Wasser in die Anlage, so dass die Süwag schon beschloss, das Werk zu schließen. Beim nächsten Hochwasser, sechs Jahre später, kam es noch dicker: Um ein Haar wären die Transformatoren des Werks durchgebrannt. "Durch eine lose Bodenplatte drang Wasser in die Anlage und drohte die Technik kurzzuschließen", berichtet Klaus Tiszeker, Instandhaltungsleiter der Stadtentwässerung Frankfurt (SEF). Schnelles Eingreifen habe dies zum Glück verhindern können. Das Werk, das eigentlich Wasser befördern soll, mußte selbst vom Wasser befreit werden.


Im Inneren des Pumpwerks herrscht Helmpflicht. Die Besuchergruppe der Volkshochschule, die die Anlage besichtigt, kann sich denken, warum: Das Gebäude wirkt marode, wenig vertrauenerweckend. Das Geländer der schmalen Wendeltreppe, die zu den Pumpen hinabführt, wackelt bedenklich. Der Durchgang am Ende der Treppe kann nur in gebückter Haltung passiert werden. Die mächtigen Pumpen rattern. Vor acht Jahren ersetzten sie ihre Vorgänger. Doch die nun absehbare Stilllegung der Anlage war schon länger nur eine Frage der Zeit.


Fünf Pumpen gibt es im alten Werk. Vier davon kommen regelmäßg zum Einsatz, die fünfte nur in Notfällen. 120 Liter Abwasser und Regenwasser pumpt bei Trockenwetter jede Maschine pro Sekunde in Richtung Bolongarostraße - bei starkem Regen gar bis zu 150 Liter.


"Wenn werktags um 7 Uhr morgens alle Frankfurter aufstehen und ins Bad gehen, sehen wir das eine halbe Stunde später auch an der Pumpleistung", sagt Tiszeker grinsend. Das Wasser saugen die Pumpen aus dem Pumpsumpf unter der Anlage. Sämtliche Abwässer aus Sossenheim, Nied, Schwanheim und dem nördlichen Griesheim fließen über Abwasserleitungen in das etwa 14 Kubikmeter fassende Sammelbecken. über Druckleitungen wird das Wasser den Mainberg hinauf gepumpt. Von dort aus fließn die Abwässer wegen des Gefälles bis zur Kläranlage in Sindlingen.


Neben dem Gebäude, das das alte Pumpwerk beherbergt, ist auch die Technik des Werks veraltet. Bestimmte Ersatzteile für die fünf automatischen Schaltanlagen werden gar nicht mehr hergestellt. "Für Notfälle haben wir noch ein paar wenige Ersatzteile auf Lager. Wenn möglich, werden die alten Teile repariert", sagt Tiszeker.


Für 2,5 Millionen Euro wird zur Zeit am neuen Pumpwerk mitsamt Pumpsumpf und Zuflüssen gebaut. Ab Februar soll das Abwasser hier durchgeschleust werden. Bis auf ein kleines Eingangshäuschen liegt die neue Anlage komplett unter der Erde. Dank der Konstruktion droht die Anlage bei Hochwasser nicht vollzulaufen. Die Pumpen sind mit Rückschlagklappen versehen, die das Wasser davon abhalten in die verkehrte Richtung zu fließen.


Die Fertigstellung des Neubaus verzögerte sich zum einen wegen Festen am Mainufer. Zum anderen machte der FES der Untergrund am Mainberg zu schaffen. Der Bohrer, der einen Zulaufkanal nach oben bohren sollte, sackte im weichen Boden immer nach unten.


(cached version 2008-12-01 09:18:53, next update: 09:38:53)