JENS WYRWA
Der Fakultät V, Verkehrs- und
Maschinensysteme, TU Berlin,
von Jens Wyrwa am 17. Jan. 2003 vorgelegte
Dissertationsschrift
Hermann-FÖTTINGER Institut für
Strömungsmechanik, Fachgebiet Hydraulische
Strömungsmaschinen und Strömungstechnik,
Betreuer: Prof. SIEKMANN
Zusammenfassung
In Flussmündungen (Ästuaren)
mit genügend großem Tidehub bilden sich Trübungszonen aus.
In diesen werden große Mengen kohäsiver Sedimente im Wechsel
der Tidebewegung erodiert, in suspendierter Form vom Wasser mitgeführt
und wieder deponiert. Die vom Menschen geschaffenen Einrichtungen wie Häfen
und Fahrrinnen sind im Bereich der Trübungszonen ständig von
Verschlickung bedroht. Die numerische Simulation des Transports kohäsiver
Sedimente ist bisher nur mit eingeschränkter Genauigkeit möglich.
Diese Arbeit leistet einen Beitrag dazu, die Differenzen zwischen Realität
und numerischer Berechnung zu quantifizieren. In Besonderheit wird der
Frage nachgegangen, welchen Anteil das Turbulenzmodell als eines von vier
empirischen Ansätzen an o. g. Differenzen hat. Die Überprüfung
der Turbulenzmodellierung findet am Beispiel des
k- Typischerweise treten im Wasser von Ästuaren Dichteunterschiede auf, die durch unterschiedliche Konzentrationen von suspendiertem Sediment und gelöstem Salz verursacht werden. Die Dichteschichtung ist dabei in aller Regel stabil, d. h. die Dichte nimmt nach unten hin zu, da das Salzwasser das Süßwasser unterläuft, und das Sediment von oben nach unten sinkt. Auf die Turbulenz wirkt eine stabile Dichteschichtung dämpfend, da die Vermischung der Konzentrationsunterschiede potentielle Energie verbraucht. Die Berücksichtigung dieser Dämpfung ist bei der Berechnung der turbulenten Vermischung entscheidend. Eine begründete Vermu-tung besagt, dass die von kohäsiven Sedimenten ausgelöste Dichteschichtung die Turbulenz in bestimmten ästuarinen Strömungen sogar vollständig zum Verlöschen bringen kann. Im Rahmen dieser Arbeit ist die Strömungsberechnungs-Software ,,casu`` program-miert worden. Unter Verwendung der hydrostatischen Druckannahme werden alle drei Raumdimensionen diskretisiert. Damit lassen sich Strömungen in flachen Gewässern mit freier Oberfläche simulieren. Der finite Volumen Ansatz für die Kontinuitätsgleichung ermöglicht eine exakte Erfüllung der Massenbilanz. Die Strom-linienrückverfolgung zur Erfassung der Konvektion ermöglicht es, das ansonsten explizite Verfahren auch bei COURANT-Zahlen über Eins zu verwenden. Der auf Literaturvorschlägen basierende numerische Algorithmus wurde hier um die Möglich-keit der Verwendung unstrukturierter Gitter und um das Turbulenzmodell erweitert. Mit der Software ,,casu`` sind Testrechnungen durchgeführt worden, die zunächst einmal die Funktion des Basismodells überprüft haben. Daran anschließend ist die Implementierung des Turbulenzmodells erprobt worden. Durch Vergleich mit analytischen Lösungen kann die Funktionsfähigkeit aller Terme des Turbulenz-modells dargelegt werden. Durch Vergleich mit Experimenten gelingt die Bestim-mung der Modellkonstanten des Turbulenzmodells. Dies führt auf die Überlegung, statt mit festen Werten für die Modellkonstanten mit Wertespannen zu arbeiten. Diese Wertespannen könnten über den Weg einer Sensitivitätsuntersuchung auch in der praktischen Berechnungstätigkeit einen Zugriff auf die Modellungenauigkeiten ermöglichen. Turbulenzdämpfung in stabil dichtegeschichteten Fluiden wurde am Beispiel der Gleichdruck-Wandgrenzschicht und der freien ebenen Scherschicht erprobt. Es zeigt sich, dass die Wandgrenzschicht durch die Hinzunahme einer Stabilitätsfunktion genauer berechnet werden kann. Die ebene Scherschicht lässt sich durch Verän-derung der experimentellen Randbedingungen so stark beeinflussen, dass aus dem Vergleich zwischen Experiment und Berechnung nur auf eine qualitative Überein-stimmung geschlossen werden kann. Genauere Aufschlüsse bezüglich freier Scherschichten wären nur durch Vergleich mit Experimenten möglich, in denen praxisrelevantere Randbedingungen verwendet werden. Mit dem absinkenden Sediment werden zwei
für das Ästuar typische Situationen berechnet. Bei großer
Strömungsgeschwindigkeit wird das Sediment erodiert und verursacht
eine Dichteschichtung in Bodennähe. Es werden die Ergebnisse der Berechnung
mit dem Standard
k- Als zweiter Testfall mit absinkendem Sediment wird eine Konfiguration verwendet, bei der im Ästuar typischerweise Sediment deponiert wird. Die Berechnung zeigt, dass in diesem Fall neben einem Abklingen der Turbulenz infolge des absinkenden Sediments ein instationäres, vom Boden ausgehendes Wieder-Aufflackern der Turbulenz mit einer Periodendauer in der Größenordnung des Tidezyklus stattfindet. Strömungen, die Sediment deponieren, können also nicht mit stationären Gerinneströmungen verglichen werden. Des Weiteren lässt sich damit erkären, warum Deposition kein gleichmäßiger sondern ein episodischer Vorgang ist. |