folgt: 3.3 Fazit
hinauf: 3. Turbulenzkollaps
vorher: 3.1 Aussagen von WINTERWERP
3.2 Skepsis
Skepsis ist angebracht, ob die Turbulenz im realen Ästuar tatsächlich
vollständig kollabieren kann. Diese Skepsis fußt auf folgenden
Überlegungen:
Turbulenz geht im Gewässer mit einer charakteristischen, gut sichtbaren
Kräuselung der Oberfläche einher. So, wie WINTERWERP [142]
den Turbulenzzusammenbruch vorhersagt, hat die Strömung eine deutlich
erkennbare Geschwindigkeit3.2, die durch
den Wegfall der turbulenten Reibung noch ansteigen müsste.
Die Wasseroberfläche im Ästuar wird von den seefahrenden Berufsgruppen seit
Jahrhunderten täglich aufmerksam beobachtet. Wenn es im Ästuar Stellen
gäbe, wo eine schnelle Strömung mit einer eigentümlich glatten
Wasseroberfläche zusammenfiele, wäre es wahrscheinlich, dass dies von
seefahrenden Menschen schon einmal beobachtet und beschrieben worden wäre.
Voraussetzung für die Sichtbarkeit des Turbulenzkollapses an der
Wasseroberfläche ist aber Windstille.
ETLING [33] weist aufgrund von theoretischen Überlegungen und
Laborexperimenten darauf hin, dass auch in der stabil
geschichteten Atmosphäre ein Turbulenzkollaps existieren
müsste. Entprechende Messungen in der Natur, die solche kollabierende Turbulenz
zweifelsfrei beweisen, sind bisher nicht bekannt geworden. Sowohl ETLING
[33] als auch WINTERWERP [142] beziehen sich
bei den angeführten Naturmessungen auf Vertikalprofile.
Deshalb können andere Ursachen als
ein Turbulenzkollaps für die Messwerte nicht ausgeschlossen werden.
Desweiteren begründet sich die Skepsis aus den von [142]
verwendeten Modellannahmen:
- Die im vertikalen 1D-Modell angesetzte Gleichförmigkeit tritt im
Ästuar nicht auf. In dem von WINTERWERP vorgestellten Fall benötigt der
Zusammenbruch länger als 1000 Minuten. Dabei hat das Wasser eine Strecke von
mehr als 12 Kilometern zurückgelegt. Die Geometrie realer Ästuare ist entlang
einer derart langen Strecke nicht gleichförmig.
- Das verwendete -Turbulenzmodell
ist nur für turbulente REYNOLDS-Zahlen größer als 60 gültig. In
Situationen, in denen die Turbulenz so weit zurückgeht, dass die turbulente
Viskosität kaum größer als die molekulare Viskosität ist,
verliert das Modell seine Gültigkeit. Das Problem wird in [142] beschrieben.
- Es ist die Frage zu stellen, ob das numerische Verfahren mit der
Extremsituation einer zusammengefallenen Konzentrationsverteilung nicht
überfordert ist. Da WINTERWERP eine konstante Sinkgeschwindigkeit
verwendet, sammelt sich das gesamte Sediment im Fall des berechneten
Zusammenbruchs in der untersten Zelle, ohne die Lutocline darstellen zu können.
Darüber hinaus geht WINTERWERP davon aus, dass das
k--Turbulenzmodell den turbulenten Impulsaustausch unterschätzt.
Er stützt diese Vermutung auf die Untersuchung von SIMONIN et al.
[120], bei der Experimente an einer stabil dichtegeschichteten
ebenen Scherschicht mit numerischen Berechnungen verglichen wurden. Hierbei
ist die Frage zu stellen, ob eine freie Scherschicht eine geeignete
Vergleichssituation für den in Sohlnähe und daher vermutlich von der Wand
beeinflussten Turbulenzkollaps ist. Der Vergleich zwischen Messung und
Berechnung [120] zeigt zudem, dass der rigid-lid Ansatz des
Berechnungsverfahrens das im Experiment auftretende Wasserspiegelgefälle
nicht erfassen kann.
der Versenkung verschwunden.
folgt: 3.3 Fazit
hinauf: 3. Turbulenzkollaps
vorher: 3.1 Aussagen von WINTERWERP
Jens WYRWA * 2003-11-05