Diese Arbeit basiert auf der Kontinuumsmechanik. Die Kontinuumsmechanik
erzwingt die Verwendung von Materialgleichungen5.1. In den
NAVIER-STOKES-Gleichungen ist die Materialgleichung für NEWTON-Fluide
enthalten. Suspensionen mit einer hohen Konzentration an kohäsiven Sedimenten
sind mit der Materialgleichung für NEWTON-Fluide nicht mehr
hinreichend genau beschreibbar.
KOMATINA und JOVANOVIC
[62] haben Untersuchungen an Suspensionen aus Wasser und
Kaolinit vorgenommen.
Mit zunehmendem Gehalt an Sediment erhöht sich zuerst die Viskosität der
Suspension.
Ab einem Sedimentgehalt von mehr als 1200 g/l verlassen die von
[62] untersuchten Suspensionen das NEWTON-Materialgesetz.
Diese Abweichung vom NEWTON-Verhalten äußert
sich hauptsächlich darin,dass die Suspension erst, nachdem eine
Grenzschubspannung überschritten wird, zu fließen beginnt.
Zur mathematischen Beschreibung des Materialverhaltens wird von
[62], [137] [49] u.a. das
BINGHAM-Materialgesetz,
(5.1)
mit
Geschwindigkeitsgradient, Scherrate,
dynamische Viskosität,
im Fluid vorhandene Schubspannung und
Grenzschubspannung (yield stress),
verwendet.
Das HERSCHEL-BULKEY-Materialgesetz, welches das
BINGHAM-Modell als Sonderfall enthält, erlaubt eine
genauere Beschreibung des Materialverhaltens [50].
WINTERWERP [142]
schlägt vor, diesen Übergang in der Materialeigenschaft für eine begriffliche
Trennung zwischen ,,HCMS``5.2 mit noch
NEWTON-Verhalten und ,,Fluid Mud`` mit bereits nicht-NEWTON-Verhalten
zu verwenden. Die von ihm zitierten Messungen geben diesen
Übergang5.3 bei Suspensionsdichten von 1050 bis 1130 g/l an.
ASTER [5] bringt den Übergang zum
nicht-NEWTON-Materialverhalten daher auch in Zusammenhang mit der
Schiffbarkeit5.4 von Schlick.
Seine Untersuchungen in der Ems ergeben, dass für
den Übergang keine einheitliche Grenzdichte angegeben werden kann, sondern dass
diese zwischen 1030 und 1390 g/l in Abhängigkeit vom Sandanteil der
Suspension5.5 schwankt.
Thixotropie und
Rheopexie, also die Veränderung des Materialverhaltens aufgrund der
Verformungsgeschichte werden u.a. von [59] und [137]
untersucht. Thixotropie bezeichnet das Zurückgehen der Schubspannung infolge
von Scherung, das Material wird durch Rühren fließfähiger. Rheopexie oder
Antithixotropie bezeichnet die Eigenschaft, dass das Material infolge von
Scherung zu höheren Schubspannungen gelangt. In den o. g. Untersuchungen wird
sowohl Thixotropie als auch Rheopexie von erheblichem Ausmaß in Suspensionen
aus kohäsiven Sedimenten gefunden.
Im Rahmen dieser Arbeit ist das nicht-NEWTON-Materialverhalten von
Suspensionen mit hohem Sedimentanteil insofern von Belang, als hier der
Versuch unternommen werden soll, die Ungenauigkeit, die durch die
Turbulenzmodellierung in die Simulation des Transports kohäsiver Sedimente
eingebracht wird, im Rahmen der insgesamt erreichbaren
Genauigkeit abzuschätzen. Der dazu in Abschnitt 5.6 und Kapitel
10 verwendete integrale Parameter ist die Transportrate, also die
insgesamt von einer Strömung transportierte Menge an Sediment. Bewegungen von
Fluid Mud und HCMS verursachen auch bei kleinen Geschwindigkeiten aufgrund des
hohen Sedimentanteils beträchtliche Transportraten.
Um für die
Genauigkeitsüberlegung in Kapitel 10 zu einem handhabbaren
Vorgehen zu gelangen, wird angenommen, dass die Suspension bei einer
gegebenen Sohlschubspannung nach Überschreiten einer Grenzdichte
komplett stillsteht.
Die Abschätzung in Abschnitt 5.6 liefert als maximale Sohlschubspannung
in der Weser 1,152
. Diese Grenzschubspannung erreichen die von KOMATINA
und JOVANOVIC [62] untersuchten Suspensionen bei einer Dichte
von 1300 g/l. Nicht-NEWTON-Materialverhalten wird schon ab 1200 g/l
festgestellt. Hindered Settling und damit die Ausbildung von HCMS beginnt bei
1017 g/l (siehe Abschnitt 5.2). Für die hier detailliert zu
untersuchende Turbulenzdämpfung ist der Dichteunterschied zwischen HCMS und dem
darüberliegenden Wasser entscheidend.
Auf die Fehlerspanne der Transportrate
nimmt dann die Genauigkeit, mit der die Grenzdichte bestimmbar ist, Einfluss.