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10.1 Methoden und Kriterien

Aufgrund der Größe und der rauen Bedingungen gelingt es nicht, im realen Ästuar Messungen von genügender Dichte und Genauigkeit auszuführen (s. auch Abschnitt 1.1), die beim Vergleich mit numerischen Simulationen des Transports kohäsiver Sedimente detaillierte Aussagen über einzelne empirische Modelle zulassen. Anstatt dessen werden hier Berechnungen mit Labormessungen verglichen. Die Methodik, aus diesen Vergleichen auf die praktisch erzielbare Berechnungsgenauigkeit zu schließen, wird daher hier einer kritischen Betrachtung unterzogen.

Von den vielen bisher unternommenen Versuchen, Einblicke in die Berechnungsgenauigkeit numerischer Simulationen zu gewinnen, seien hier vom methodischen Standpunkt zwei Beispiele herausgegriffen: RODI [103] vergleicht Berechnungen mit einzelnen Laborexperimenten. Sein erklärtes Ziel ist es, Berechnungsmöglichkeiten zu illustrieren. Die vorliegende Arbeit geht insofern einen Schritt weiter, als die auftretenden Differenzen im Sinne einer Planungsbeurteilung integral quantifiziert werden. Es wird dazu das Einsatzgebiet auf flache Ästuare eingeschränkt. Es wird der Sedimentmassenstrom als ein für die Praxis relevantes integrales Maß der Abweichungen gewählt, und es wird angenommen, dass die zum Vergleich verwendeten Laborexperimente repräsentativ für die Strömung in der Natur sind.

Einen ganz anderen Ansatz verfolgen KANTHA und CLAYSON [56]. Sie vergleichen die Ergebnisse ihrer Berechnungen mit einer möglichst großen Zahl an Naturmessungen. Für dieses Vorgehen spricht die Unmittelbarkeit des Vergleichs zwischen Natur und Simulation. Dagegen spricht, dass dieses Verfahren kaum Einblicke in die Ursachen liefert, z. B. warum das angewendete Turbulenzmodell realitätsnähere Ergebnisse liefert als Vorgängermodelle. Bei Planungen im Ästuar wird zumeist nur eine Berechnung angefertigt, deren Genauigkeit es zu beurteilen gilt. Ob sich der Modellierungsfehler im Mittel über viele Situationen heraushebt, hat dabei geringe Aussagekraft. KANTHA und CLAYSON [56] berechnen Austauschprozesse in den oberflächennahen Schichten des Ozeans. Vor dem Hintergrund der Klimaforschung ist die Aussage, ob die Oberflächentemperaturen des Wassers im Mittel richtig berechnet wird, durchaus relevant.

Die Notwendigkeit, die Implementierung eines Turbulenzmodells überprüfen zu können, wurde beim ,,9th ERCOFTAC Workshop on Refined Flow Modelling`` (2001) deutlich, bei dem von verschiedenen Berechnungsgruppen für den gleichen Testfall mit dem gleichen Turbulenzmodell unterschiedliche Resultate vorgelegt wurden [32].

In der wissenschaftlichen Entwicklung von Turbulenzmodellen ist die Aussage, dass das eine Modell eine gewisse Strömung zutreffender modellieren kann als ein anderes Modell, eine wichtige und weiterführende Information. In der wasserbaulichen Praxis ist die Erkenntnis, dass die Berechnug mit dem genauesten verfügbaren Modell durchgeführt worden ist, insofern irrelevant, wenn keine quantitativen Anhaltspunkte für die möglicherweise zwischen Modell und Natur auftretenden Abweichungen vorliegen.
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Jens WYRWA * 2003-11-05