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9.1 Idee und Überblick

In der numerischen Strömungsberechnung sind folgende drei Stufen auf dem Weg zum Berechnungsergebnis zu überwinden:
  1. Die mathemathische Modellierung der physikalischen Vorgänge in Form partieller Differentialgleichungen,
  2. der numerische Algorithmus zur näherungsweisen Lösung dieser partiellen Differentialgleichungen und
  3. die datentechnische Realisierung der Näherungslösung in Form von Software.

Für die Verifikation von Berechnungsprogrammen ergeben sich damit auch drei Gruppen von Fehlerquellen, die sich wechselseitig beeinflussen. Diese Arbeit befasst sich mit der Begrenzung eines Teils der mathematischen Modellierung, dem Turbulenzmodell, das zur Stufe 1 gehört. Um aber aus den Differenzen zwischen Messwerten und Berechnungsergebnissen Schlüsse ableiten zu können, werden auch die Stufen 2 und 3 in dieser Arbeit einer eingehenden Überprüfung unterzogen.

Bei der Überprüfung der datentechnischen Realisierung (Stufe 3) stellt sich die Frage, ob alle Komponenten9.1 richtig implementiert wurden. Da sich Beispiele nicht dergestalt konstruieren lassen, dass jeweils nur eine Komponente isoliert geprüft wird, wurde folgender Weg beschritten:

In zwei verschiedenen Beispielen leistet eine Komponente einmal einen Beitrag zum Ergebnis, im anderen Beispiel ist sie nicht aktiv. Daraus, dass beide numerischen Berechnungen mit den Erwartungen9.2 an den Algorithmus übereinstimmen, wird dann geschlossen, dass diese Komponente korrekt implementiert wurde. Würde die Funktion der Software nur an einem Beispiel getestet, bestünden die Möglichkeiten, dass sich zwei Fehler aus unterschiedlichen Quellen gegenseitig aufheben, dass fehlerhafte Teile der Software in dem Beispiel gar nicht aktiv werden und dass sich Abweichungen von den Erwartungen nicht einzelnen Komponenten zuordnen lassen.

Hier soll nicht der Eindruck erweckt werden, dass ein Weg gefunden worden wäre, die Fehlerfreiheit von Software mathematisch exakt nachzuweisen. Auch gelingt damit kein Nachweis völliger Lückenlosigkeit des Testschemas. Das Vorgehen der Isolation einer Komponente mittels zweier Beispiele hat sich aber in der Fehlerdetektierung bei der Programmentwicklung bewährt. Der Umfang des Testprogramms und die Unterschiedlichkeit der Beispiele schränken die datentechnischen Fehlermöglichkeiten weitgehend ein. Die Eingabedatensätze für die Testfälle sowie das Berechnungsprogramm sind über http://www.wyrwa.de verfügbar.

Im Überblick stellen sich die Testrechnungen wie folgt dar: Die numerischen Eigenschaften des in dieser Arbeit codierten Basis-Algorithmus, siehe Kapitel 8, sind aus der Literatur weitgehend bekannt und im wesentlichen vorhersagbar (Stufe 2). Die Testrechnungen des Abschnitts 9.2 dienen daher zur Illustration dieser Eigenschaften und zeigen Stärken und Schwächen des Verfahrens auf.

In dieser Arbeit ist der aus der Literatur u.a. [19] bekannte Basis-Algorithmus um ein Turbulenzmodell erweitert worden. In den partiellen Differentialgleichungen, die ein Turbulenzmodell ausmachen, siehe Kapitel 7, treten Terme auf, welche die lokale Änderung, Konvektion und Diffusion der Turbulenzquantitäten beschreiben. Die numerische Behandlung dieser Terme geschieht mittels des Basis-Algorithmus, dessen Eigenschaften bekannt sind. Die im Turbulenzmodell auftretenden nichtlinearen Quellen- und Senken-Terme zwingen zu einer Erweiterung des numerische Algorithmus, wie in Kapitel 8 beschrieben. Der Vergleich der Testrechnungen des Abschnitts 9.3 mit analytischen Lösungen dient zum einen dazu, die Genauigkeit des numerischen Algorithmus (Stufe 2) herauszuarbeiten, zum anderen gilt es, die korrekte datentechnische Realisierung (Stufe 3) zu belegen. Desweiteren sind die Testfälle des Abschnitts 9.3 so ausgewählt worden, dass Vergleiche mit Messungen möglich sind, die bereits Aufschlüsse über die Vorhersagemöglichkeiten des Turbulenzmodells zulassen.

Die Testrechnungen des Abschnitts 9.4 dienen der zentralen Fragestellung dieser Arbeit, nämlich der Erkundung des Verhaltens des Turbulenzmodells in stabil dichtegeschichteten Strömungen. In den Testfällen des Abschnitts 9.5 werden die Transportraten suspendierter Sedimente berechnet, die zum Vergleich der Genauigkeit der verschiedenen empirischen Modelle benötigt werden.


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Jens WYRWA * 2003-11-05