folgt: 6.6 Dimensionslose Kennzahlen
hinauf: 6. Turbulenz in stabil
vorher: 6.4 REYNOLDS-Mittelung der Grundgleichungen
6.5 REYNOLDS-Spannungen
Einen ersten Einblick in die Wirkungsweise der Dichteschichtung im
Strömungsgeschehen erlauben die Gleichungen des
vorangegangenen Abschnitts 6.4. In der REYNOLDS-Gl.
(6.11) taucht die Konzentration nur im Term
auf. Nur die
mittlere Konzentration hat auf die Impulsbilanz der mittleren Bewegung einen
Einfluss. Dieser Term stellt den einfachen Zusammenhang her, dass Bereiche
des Fluids mit höherer mittlerer Konzentration schwerer sind und zum
Absinken neigen. Der Impulsaustausch infolge der REYNOLDS-Spannungen
, s. Gl. (6.11),
ist hier nicht mit der Konzentration verknüpft.
Der Einfluss der Dichteschichtung auf die Turbulenz wird aus der Gl. (6.15)
ersichtlich. Dort tritt im Buoyancy-Term der turbulente Stoffstrom
auf.
Bekanntlich hat die Turbulenz vermischende Wirkung.
D. h., dass die Turbulenz einen Ausgleich von
Konzentrationsunterschieden bewirkt. Um diese ausgleichende Wirkung entfalten
zu können, muss der turbulente Stoffstrom von Orten hoher mittlerer
Konzentration hin zu Orten geringer mittlerer Konzentration gerichtet sein.
D. h. der turbulente Stoffstrom ist dem Gradienten der mittleren Konzentration
entgegengesetzt.
Aufbauend auf diesem Zusammenhang lässt sich nun der Buoyancy-Term
in Gl. (6.15)
interpretieren.
Eine Anfachung der kinetischen Energie k ergibt sich dann,
wenn Stoffstrom und Fallbeschleunigung gleichgerichtet sind, der
Konzentrationsgradient also entgegen der Fallbeschleunigung zeigt, die
Konzentration mit zunehmender Tiefe abnimmt (instabile Schichtung). Die
stabile Schichtung geht einher mit einer Zunahme der Konzentration mit der Tiefe
und einem aufwärts gerichteten Massenstrom.
Dies führt zu einer Verminderung der kinetischen Energie k.
Ein Teil der kinetischen Energie der Turbulenz wird in
potentielle Energie der suspendierten Sedimentmasse umgewandelt.
Zur Interpretation des Buoyancy-Terms in Gl. (6.13) sei
zuerst einmal auf das in
Bild 2
gezeigte Koordinatensystem verwiesen,
das die - und die -Richtung
für die horizontalen Raumrichtungen vorsieht, im Folgenden kurz
1- und 2-Richtung genannt, und
die 3-Richtung entgegen der Fallbeschleunigung g ansetzt. Der
Fallbeschleunigungsvektor hat dann die Form (0,0,-g), ist also nur in der
3-Komponente besetzt. In flachen Oberflächengewässern sind die
REYNOLDS-Spannungen
und
für die wichtige
Impulsübertragung zwischen Sohlschubspannungen und horizontalen
Geschwindigkeiten verantwortlich. Diese REYNOLDS-Spannungen sind in ihrem
jeweiligen Buoyancy-Term aber mit den horizontalen Konzentrationsflüssen
und
verbunden. Denkt man nun z.B. an eine vertikale Schichtung der
Suspensionskonzentration, die sich infolge Sinkens ausbildet, sind keine
horizontalen Konzentrationsgradienten vorhanden, die horizontale
Konzentrationsflüsse ermöglichen würden.
Falls horizontale Gradienten z. B. bei der Salzverteilung
auftreten, löst der Konzentrations-Term in Gl. (6.11)
dichtegetriebene Ausgleichsströmungen aus, die viel schneller als die
turbulenten Konzentrationsflüsse sind und die horizontalen Dichteunterschiede in
eine vertikale stabile Schichtung überführen.
Die vertikalen Dichtegradienten und die mit ihnen verbundenen
vertikalen turbulenten Konzentrationsflüsse wirken unmittelbar nur auf
die vertikale Normal-Spannung
.
Daher verringert eine stabile vertikale
Dichteschichtung die Isotropie6.5 der Turbulenz.
Auf die Reibung des fließenden Wassers an der Gewässersohle als auch auf
die horizontale 1-2-Schubspannung
,
die den horizontalen Impulsaustausch
bewerkstelligt, haben vertikale Dichteschichtungen nur mittelbar Einfluss.
Die Dämpfung der 1-3-Schubspannungen6.6 durch eine
vertikale, stabile Dichteschichtung erschließt sich bei der Betrachtung des
Produktionsterms aus Gl. (6.13): Nimmt man an, dass in
flachen Oberflächengewässern die vertikalen Geschwindigkeiten
vernachlässigbar sind und die horizontalen Geschwindigkeiten große
Gradienten nur in vertikaler Richtung aufweisen, bleibt von dem zu
gehörenden Produktionsterm nur
der Anteil
übrig. D. h., die Verminderung der
horizontalen 3-3-Normalspannung durch die Dichteschichtung bewirkt eine
Verringerung/Dämpfung der Produktion der 1-3-Schubspannung und dadurch eine
Verringerung der Sohlreibung.
Für die Betrachtung des zur
1-2-Schubspannung gehörenden Produktionsterms stelle man sich
eine Scherschicht vor, wie sie z. B. an einer Hafeneinfahrt entsteht.
Durch geeignete Drehung des Koordinatensystems um die vertikale 3-Achse treten
in der Scherzone nur Geschwindigkeiten in 1-Richtung auf, die Gradienten in
2-(horizontaler)-Richtung und 3-(vertikaler)-Richtung aufweisen. Im
Produktionsterm von
bleiben dann die Anteile
und
übrig. Da keine mittlere Geschwindigkeit in 2-Richtung vorliegt,
tritt auch keine Sohlschubspannung in dieser Richtung auf, so dass
auch die diese Reibung übertragende Schubspannung
verschwinden muss. Resultat der Überlegung ist,
dass für die Produktion der 1-2-Schubspannung die 2-2-Normalspannung
maßgeblich ist.
Die Kopplung zwischen der Dichteschichtung und der Dämpfung der 1-2-Schubspannung
geschieht also nicht aufgrund des Produktionsterms.
Der Term 4, die sogenannte Druck-Scher-Korrelation in Gl.
(6.13), ist für die Umverteilung zwischen den Komponenten
des REYNOLDS-Spannungstensors
verantwortlich
und hat das Bestreben, die Turbulenz zur Isotropie zurückzuführen
[67]. Der Druck-Scher-Korrelation fällt daher die Rolle zu,
den Einfluss der Dichteschichtung auf die horizontalen 1-2-Schubspannungen zu
übertragen6.7.
Die Modellierung der Druck-Scher-Korrelation
im Rahmen von
REYNOLDS-Spannungs-Modellen bereitet aber größere Probleme als die
Modellierung der Produktion [67]
Diese Interaktion zwischen horizontaler Scherung
bzw.
und vertikalem Dichtegradienten
ist bisher wenig erforscht worden. JAKOBITZ und
SARKAR [54] bekommen aus ihren Untersuchungen mittels
DNS6.8 Hinweise, dass die
Dichteschichtung die Turbulenz, die durch horizontale Scherung verursacht wird,
weniger bedämpft als die Turbulenz, die von vertikaler Scherung verursacht
wird. Auch JAKOBITZ und SARKAR müssen feststellen, dass
Experimente, in denen horizontale Scherung und vertikaler
Dichtegradient zusammentreffen, z. B. Nachläufe in dichtegeschichteten
Fluiden, bisher nicht gezielt unter der Fragestellung vermessen und
ausgewertet worden sind, wie die Dichteschichtung die horizontalen turbulenten
Schubspannugen beeinflusst.
Die wasserbauliche Planungspraxis steht nun aber
häufig vor dem Problem, die Auswirkungen von
menschlichen Eingriffen6.9 prognostizieren und beurteilen zu müssen,
welche die horizontale Scherung über das natürlich im Ästuar vorhandene Maß
hinaus erhöhen.
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vorher: 6.4 REYNOLDS-Mittelung der Grundgleichungen
Jens WYRWA * 2003-11-05