folgt: 5.3 Rheologie
hinauf: 5. Eigenschaften kohäsiver Sedimente
vorher: 5.1 Material und Partikelgröße
5.2 Flockenbildung und Sinkgeschwindigkeit
Wie aus den Gln. 2.11 und 2.12 im Abschnitt
2.2.3 ersichtlich wird, ist es notwendig, Dichte und
Sinkgeschwindigkeit der Sedimentpartikel zu kennen, um ihre Verteilung im
Wasser berechnen zu können. Da die Kohäsion dazu führt, dass sich Flocken
bilden, sind diese Flocken die Partikel, deren
Dichte und Sinkgeschwindigkeit
(oder Durchmesser) es zu bestimmen gilt.
Eine relevante Übersicht über dieses Thema gibt VAN LEUSSEN [68].
Größe und Sinkgeschwindigkeit der Flocken sind nicht konstant,
sondern von verschiedenen Einflüssen abhängig, die sich in der Strömung
verändern. Als wichtigste sind die Konzentration an suspendiertem Sediment und
die Turbulenz zu nennen. Des Weiteren haben der zeitliche Verlauf und
der Salzgehalt des Wassers einen Einfluss auf den
Flockungsvorgang.
Bekannt sind Einflüsse durch biologische Aktivität und
mineralogische Zusammensetzung.
Den Zusammenhang
zwischen Flockengröße und Flockendichte stellt VAN RIJN [102]
grafisch als ein Band mit einer
Zehnerpotenz Breite und abfallender Tendenz dar. Große Durchmesser gehen
demnach mit kleiner Dichte einher.
DYER [30] gibt einen Bereich von 1060 - 1800 g/l
für die Dichte von Flocken an. Eine Flocke von 1150 g/l
enthält 91 Vol.% Wasser.
WINTERWERP [142] führt eine fraktale Dimension ein, um den
Zusammenhang zwischen Flockengröße und Sinkgeschwindigkeit zu beschreiben.
Die Sinkgeschwindigkeiten der von ihm untersuchten Sedimente ergeben
ein Band von einer Zehnerpotenz Breite.
Die Sinkgeschwindigkeit steigt mit zunehmender Flockengröße an.
Große Flocken von 1000
m Durchmesser sinken
demnach mit Geschwindigkeiten zwischen 1 mm/s und 10 mm/s.
Ein einzelnes Ton-Partikel mit 3.9
m Durchmesser sinkt
mit 13,7
m/s.
Mit zunehmender Konzentration steigt die Sinkgeschwindigkeit der Flocken
zuerst an [30] [102]. Dies lässt sich damit erklären,
dass in Suspensionen mit geringer Konzentration, nachdem sich Flocken von einer
bestimmten Größe gebildet haben, kein weiteres Sediment mehr zur Verfügung
steht. Bei Konzentrationen von ca. 10 g/l erreicht die
Sinkgeschwindigkeit ein Maximum. Bei noch größeren Konzentrationen nimmt sie
wieder ab. Dies wird als ,,hindered settling`` bezeichnet und rührt daher,
dass in sehr dichten Suspensionen die Flocken einen so großen Anteil an Volumen
einnehmen, dass das verbleibende Wasser zwischen diesen nur noch langsam
entweichen kann. Ist schließlich das gesamte Volumen der Suspension
,,verflockt``, beginnt der Schlick zu Boden zu werden, der Schubspannungen
aufnehmen kann und aus dem das Porenwasser zunehmend langsamer entweicht.
Die Turbulenz im Wasser hat zwei Wirkungen auf den Flockungsvorgang: zum einen
bewirkt sie, dass Partikel zusammengebracht werden, zum anderen erzeugt sie
Schubspannungen, die zum Zerbrechen von Flocken führen. In die von
[141] und [75] verwendeten
Flocculations-Modelle geht ein aus Dissipationsrate und Viskosität
gebildeter Geschwindigkeitsgradient ein. Diese Größen lassen sich in
anderer Potenz zur KOLMOGOROV-Länge kombinieren und [75]
weist bereits darauf hin, dass der von ihm verwendete Modellansatz darauf
hinausläuft, dass die Flockengröße durch die KOLMOGOROV-Länge begrenzt wird.
Die KOLMOGOROV-Länge ist diejenige turbulente Längenskala, die das turbulente
Spektrum nach unten begrenzt. Ein weiterer Zerfall turbulenter Strukturen ist
nicht möglich, da diese von der Viskosität dissipiert werden,
siehe dazu auch die Abschnitte 6.7 und 6.9.
Auf die Zeitabhängigkeit des Flocculationsvorgangs geht MALCHEREK
[75] ein. Er verwendet
die Zeitdauer von 15 min als typische Kenterungsdauer, um die Relevanz der
verschiedenen Flocculationsmechanismen für die verschiedenen
Partikeldurchmesser zu bemessen. Das von ihm verwendete Flocculationsmodell
ist aber nicht zeitabhängig definiert. Das von MC ANALLY [77]
ausgearbeitete Modell erlaubt auch Vorhersagen über den zeitlichen Verlauf der
Flockengröße in einer Suspension. In den von [77] als Vergleich
herangezogenen Experimenten von BURBAN [11],
bei denen Suspensionen einer bestimmten
Konzentration einem konstanten Geschwindigkeitsgradienten in einer laminaren
COUETTE-Strömung unterworfen wurden, vergehen bis zu zwei Stunden, bis sich
ein stationärer Zustand einstellt.
Mit steigendem Salzgehalt nimmt wegen der höheren Flockungsneigung die
Sinkgeschwindigkeit der Flocken zu. Die von [30] und
[102] angeführten Experimente zeigen, dass beim Durchlaufen der
Brackwasserzone zu erwarten ist, dass sich die Sinkgeschwindigkeit
um einen Faktor 2 bis 5 verändert.
Mit der Besiedelung von
mineralischen Flocken durch biologische Organismen erreicht die Flocke eine
höhere Festigkeit. Wie Versuche von [124] nahelegen, ist dieser
Umstand für die Festigkeit des Sediments signifikant.
Die mineralogische Zusammensetzung und die Korngrößenverteilung hat
erheblichen Einfluß auf die Sedimenteigenschaften. Dies zeigen die Vergleiche
von kohäsiven Sedimenten unterschiedlicher geographischer Herkunft
[97] [102].
Die Sinkgeschwindigkeit kann unter sonst gleichen Bedingungen
Unterschiede von mehr als einer Zehnerpotenz aufweisen. Dies wird gestützt
durch die in [30] zitierten Versuche an technischen Mischungen aus
Kaolinit und Quarz, die in Abhängigkeit der Zusammensetzung sehr
unterschiedliches rheologisches Verhalten zeigen.
In numerischen Berechnungen sind als Einflüsse auf die
Sinkgeschwindigkeit kohäsiver Sedimente bisher nur die Konzentration und die
Turbulenz berücksichtigt worden. Die anderen Einflüsse ließen sich durch
Kalibrierung erfassen, wenn sie im gesamten Berechnungsgebiet gleichmäßig
wären. Dies ist bei Simulationen der Trübungszone für den Salzgehalt
jedenfalls nicht der Fall.
Über die im Elbe- und Weser-Ästuar messbaren Sinkgeschwindigkeiten geben PULS
et al. [98] Auskunft.
Bild 4
zeigt die Auftragung der
Sinkgeschwindigkeiten über der Konzentration.
Für die weiterführenden Überlegungen in dieser Arbeit wird davon
ausgegangen, dass Sinkgeschwindigkeiten zwischen 0,1 und 1,0 mm/s bei
Konzentrationen zwischen 0,1 bis 1,0 g/l den maßgeblichen Bereich für die
Sedimente in der Trübungszone der Weser darstellen.
Beim Verrühren von Ton in Wasser fällt auf, dass bei einfachem Rühren Krümel
in der Größenordnung von weinigen mm übrig bleiben. Diese lassen sich zwar
zwischen den Fingern leicht zerdrücken, eine vollständige
Homogenisierung der Suspension gelingt aber erst mit einem Pürierstab. Diese
Beobachtung gibt Anlass zu der Vermutung, dass auch im Ästuar ein
Geschiebetransport von größeren Agglomeraten kohäsiver Sedimente auftreten
könnte.
folgt: 5.3 Rheologie
hinauf: 5. Eigenschaften kohäsiver Sedimente
vorher: 5.1 Material und Partikelgröße
Jens WYRWA * 2003-11-05