folgt: 6.8 MONIN-OBUKHOV-Ähnlichkeit hinauf: 6. Turbulenz in stabil vorher: 6.6 Dimensionslose Kennzahlen


6.7 Längenmaße

Hier wird nun der Zusammenhang zur OZMIDOV-Länge \(L_{O}\) als Längenskala der Dichteschichtung hergestellt [1]. Im vorangegangenen Abschnitt 6.6 wurde bereits die Makro-Länge der Turbulenz \(L_{t}\) erwähnt. Des Weiteren wird die KOLMOGOROV-Länge \(L_{k}\) als Micro-Skala der Turbulenz eingeführt. Die MONIN-OBUKHOV-Stabilitätslänge \(L_{m}\) wird im folgenden Abschnitt näher erläutert.

Die Proportionalität:
\begin{displaymath}
\epsilon = K \cdot \frac{ {v_{t}}^{3} }{ L_{t} }
\end{displaymath} (6.24)

mit
\(\epsilon\) Dissipation
\(K\) Proportionalitätskonstante,
\(v_{t}\) charakteristische Geschwindigkeit der Turbulenz und
\(L_{t}\) Makro-Länge der Turbulenz


ist von zentraler Bedeutung für das Verständnis und die Modellierung von Turbulenz. Sie setzt die Dissipation zu den makroskopischen Größen der Turbulenz ins Verhältnis. Turbulenz ist ein 3-dimensionaler Prozess, bei dem infolge von Wirbelstreckung große Wirbel, deren Größe von den äußeren Randbedingungen bestimmt wird, in immer Kleinere zerfallen, bis die Zähigkeit die allerkleinsten Wirbel dissipiert und ihre Energie in Wärme umwandelt (Energie-Kaskade). Die Proportionalität (6.24) verbindet also die auf die kleinsten Wirbel wirkende Dissipation mit den Kennzahlen der großen Wirbel. RODI [104] begründet diesen Zusammenhang mit einer phänomenologischen Erklärung, die besagt: Wenn die kinetische Energie der Turbulenz nach vielfachem Wirbelzerfall bei Längenskalen angekommen ist, auf welche die Dissipation wirken kann, sind diese kleiner gewordenen Wirbel inzwischen unabhängig von den äußeren Randbedingungen. Die Dissipation kann den kleinen Wirbeln allerdings nur die Energie entziehen, die bei großen Wirbeln in die turbulente Energie-Kaskade hineingesteckt wurde6.15. IVEY und IMBERGER [53] rechtfertigen die Proportionalität (6.24) durch Messwerte, die auch in dichtegeschichteten Strömungen gewonnen wurden. NEZU und NAKAGAWA [89] geben, ausgehend von Annahmen über die Form der spektralen Verteilung der Geschwindigkeitsfluktuationen, die Proportionalitätskonstante K aus Gl. (6.24) als Funktion der turbulenten REYNOLDS-Zahl \(Re_{t}\), Gl. (6.23) an. K wird erst bei hinreichend großen Reynoldszahlen konstant. Bei kleiner werdender \(Re_{t}\) wird K und damit auch die Dissipation immer größer. Die Dissipation verschlingt also nicht mehr nur noch Energie, die ihr auf einem langen Weg durch die Energie-Kaskade angereicht wurde, sondern zehrt bereits von den großen Wirbeln. Damit wird auch klar, warum Turbulenzmodelle, die auf der Proportionalität (6.24) basieren, nur für hinreichend große \(Re_{t}\), und dies ist nach [89] erst weit über 200 der Fall, gültig sind.

Mit Gl. (6.24) läßt sich \(Fr_{t}\), s. Gl. (6.20), auch als Verhältnis von OZMIDOV-Länge \(L_{O}\) zur Makro-Länge \(L_{t}\) wie folgt interpretieren:
\begin{displaymath}
Fr_{t} = {\left( \frac{ L_{O} }{ L_{t} } \right)}^{2/3},
\end{displaymath} (6.25)

wobei sich die OZMIDOV-Länge wie folgt berechnet [1]:
\begin{displaymath}
L_{O} = {\left( \frac{ \epsilon }{ N^3 } \right)}^{1/2}
\end{displaymath} (6.26)


Die im vorangegangenen Abschnitt 6.6 beschriebene Erkenntnis, dass die RICHARDSON-Zahl (Mischungseffizienz) \(Ri_{f}\) sich als Funktion von \(Fr_{t}\), also dem Verhältnis von OZMIDOV-Länge zu Makro-Länge, auftragen lässt, führt zu dem Schluss, dass Mischung im Wesentlichen von den großen Wirbeln hervorgerufen wird. Aus dem steilen Abfall von \(Ri_{f}\) hin zu kleineren \(Fr_{t}\) lässt sich nun schlussfolgern, dass die OZMIDOV-Länge die turbulenten Längenskalen nach obenhin begrenzt.

Ebenfalls auf Gl. (6.24) basierend läßt sich nun die turbulente REYNOLDS-Zahl \(Re_{t}\) als Verhältnis von Makro-Länge \(L_{t}\) zur KOLMOGOROV-Länge \(L_{k}\) darstellen [53]:
\begin{displaymath}
Re_{t} = {\left( \frac{ L_{t} }{ L_{k} } \right)}^{4/3}.
\end{displaymath} (6.27)

Die turbulente REYNOLDS-Zahl ist somit auch ein Maß dafür, wie groß die Spanne der unterschiedlichen Längenskalen in der Turbulenz ist, wobei sich die KOLMOGOROV-Länge wie folgt berechnet [89] [106]:
\begin{displaymath}
L_{k} = {\left( \frac{ \nu^3 }{ \epsilon } \right)}^{1/4}
\end{displaymath} (6.28)

\(L_{k}\) repräsentiert damit die Abmessungen der kleinsten Wirbel. Ein noch weiter gehender Wirbelzerfall wird von der Viskosität verhindert.

Den Vorgang des völligen Verlöschens der Turbulenz stellt ABRAHAM [1] dergestalt dar, dass das Absinken der OZMIDOV-Länge dazu führt, dass die großen Wirbel in interne Dichtewellen umgebildet werden. Wenn der Dichteeinfluss auch die kleinsten Skalen erreicht, dann verlöscht die Turbulenz als Prozess 3-dimensionaler Wirbelstreckung völlig, und es bleiben nur nicht mischende Dichtewellen-Bewegungen übrig. ABRAHAM [1] gibt an, dass dieses völlige Verlöschen der Turbulenz dann eintritt, wenn das Verhältnis \( L_{O} / L_{k} \) einen bestimmten Wert unterschreitet. Gestützt auf unterschiedliche Experimente findet er \( L_{O} / L_{k} < 8 \dots 11 \).


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Jens WYRWA * 2003-11-05