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1.1 Problemstellung

In vielen Ästuaren1.1 bilden sich Trübungszonen1.2 aus, in denen große Mengen kohäsiver Sedimente1.3. bewegt werden. Die Vorhersage dieser Transportprozesse ist bisher noch nicht mit technisch brauchbarer Genauigkeit möglich.

Kohäsive Sedimente können zur Verschlickung von Fahrrinnen und Häfen führen. Baggerungen sind relativ teuer, weswegen man sich von verbesserten Einblicken in den Transportprozess erhofft, Maßnahmen ableiten zu können, die die Unterhaltungskosten von Häfen und Fahrrinnen senken. Darüberhinaus können sämtliche anthropogenen1.4 Eingriffe in die Strömung im Ästuar Auswirkungen auf den Transport von kohäsiven Sedimenten haben. Deshalb wird es grundsätzlich angestrebt, die Folgen von wasserbaulichen Eingriffen ins Ästuar vorhersagen zu können und sie nicht nur nachträglich zu beobachten. Die Morphodynamik1.5 eines Ästuars ist von Natur aus nicht statisch, sondern unterliegt einem stetigen Wandel. Viele Ästuare werden intensiv als Häfen genutzt, in deren unmittelbarer Nähe große Siedlungen gewachsen sind. Es ist daher für den Menschen wertvoll, sich rechtzeitig auf diese langfristigen Änderungen einstellen zu können.

In dem Gesamtzusammenhang der Transportberechnung stellt die Modellierung des turbulenten Massenaustauschs ein Teilproblem dar. Neben den allgemeinen Schwierigkeiten der Turbulenzmodellierung muss beim Transport kohäsiver Sedimente zusätzlich die Turbulenzdämpfung infolge von stabilen Dichteschichtungen berücksichtigt werden. Dichtegradienten bilden sich zum einen durch das Absinken der suspendierten Sedimente aus, zum anderen sind im Ästuar die Dichteunterschiede zwischen Süß- und Salzwasser vorhanden. Während Dichtegradienten, die vom Salzgehalt verursacht werden, in allen Wassertiefen vorkommen können, treten Dichtegradienten, die von unterschiedlichen Schwebstoffgehalten herrühren, vorzugsweise in Sohlnähe auf. So kommt es zu einer Interaktion der Turbulenzdämpfung mit der Sohlgrenzschicht, was zu einer Widerstandsverminderung führt.

Messungen sind im Ästuar nur punktuell und mit großem Aufwand möglich. Gründe dafür sind: Bei der Modellierung des Transports kohäsiver Sedimente spielen folgende empirische Annahmen eine Rolle:
Turbulenzmodell:
Es verknüpft den turbulenten Impuls- und Massentransport mit dem Feld der zeitlich gemittelten Geschwindigkeiten; siehe Kapitel 7.
Flocculationsmodell:
Es beschreibt die Größe der Flocken und deren Sinkgeschwindigkeit; siehe Abschnitt 5.2.
Erosions-Depositions-Modell:
Dies sind Annahmen darüber, unter welchen Bedingungen der Übergang zwischen liegendem Boden und fließender Suspension stattfindet. Wichtigster Parameter ist die Sohlschubspannung; siehe Abschnitt 5.4.
Konsolidierungsmodell:
Es beschreibt die allmähliche Verfestigung des ruhenden Sediments; siehe Abschnitt 5.4.
Es besteht also das Problem, dass das Turbulenzmodell im Rahmen der Simulation des Transports kohäsiver Sedimente nicht so weitgehend beherrscht wird, dass sein Anteil an den Abweichungen des Gesamtmodells klar quantifizierbar wäre. Die Motive, an der Überwindung dieses Problems zu arbeiten, ergeben sich zum einen aus der Berechnungpraxis, in der ein zweckgerichteter Einsatz von Turbulenzmodellen wünschenswert ist, zum anderen aus der Forschung zum Transport kohäsiver Sedimente, in der die klare Abgrenzung eines empirischen Teilmodells einen Beitrag zur Erforschung der anderen Teilmodelle liefern kann.


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Jens WYRWA * 2003-11-05