folgt: 9.5 Suspendierte Sedimente hinauf: 9.4 Stabile Dichteschichtung vorher: 9.4.2 Ebene Scherschicht


9.4.3 Wandgrenzschicht

Der hier behandelte Testfall einer stabil dichtegeschichteten Wandgrenzschicht ist so angelegt worden, dass er den Versuchsaufbau von WIER und RÖMER [140] nachbildet. Diese haben die raue Sohle eines Windkanals auf eine konstante Temperatur gekühlt. Durch eine große Anlaufstrecke (13 m) stellen sie sicher, dass sich der wandnahe Bereich9.14 im Gleichgewicht befindet. Durch Auftragung der gemessenen Geschwindigkeitsprofile gemäß der MONIN-OBUKHOV-Ähnlichkeitshypothese (Abschnitt 6.8) können sie die im logarithmisch-linearen Geschwindigkeitsprofil, Gl. (6.32), enthaltene Konstante bestimmen, so dass die im wandnahen Bereich gemessenen Geschwindigkeiten in engen Grenzen mit dem Geschwindigkeitsprofil übereinstimmen.

Als Berechnungsgebiet ist ein gerader Kanal von rechteckigem Querschnitt und 200 m Länge gewählt worden, der in Fließrichtung äquidistante Knoten in 2 m Abstand aufweist. Als Wassertiefe ist 10 m gewählt worden, wobei die unteren 2 m die gleiche Diskretisierung aufweisen wie im Beispiel ,,logarithmisches Wandgesetz``, Abschnitt 9.3.3. Die Zuströmgeschwindigkeit beträgt 0,9 m/s. Am Einlauf wird das Geschwindigkeitsprofil in den unteren 0,15 m abgeschrägt. Die Sinkgeschwindigkeit ist in diesem Testfall Null gesetzt. Als Sohlreibungsbeiwert wird \( \lambda \)=0.256 angesetzt. Als Randbedingung für die Konzentration wird eine konstante Konzentration an der Sohle, s. Tabelle 9.3, vorgegeben. Die Konzentration im Zustrom beträgt Null. Die Vergleichbarkeit mit den Messungen wird über die RICHARDSON-Zahl9.15 hergestellt, die, wie in Abschnitt 6.8 erläutert, mit dem dimensionslosen Wandabstand in Verbindung steht. Die Resultate, die sich aus den verschiedenen Berechnungen ergeben, sind in der folgenden Tabelle 9.3 zusammengefasst. Es wird die in Abschnitt 7.3 beschriebene Stabilitätsfunktion nach GALPERIN [36] verwendet.
Tabelle 9.3: Resultate
Berechnung ohne Schichtung Standard k-\(\epsilon\) Stabilitätsfunktion
\(c_b\) 0,00483 0,00242 0,00242
\(\Delta \rho\) 0 3,985 3,985
\(\delta_{99}\) 4,75 3,08 2,61
\(Ri_{b}\) 0 0,149 0,126
\(Re_{\delta}\) 411 000 277 000 235 000
\(v_{\tau}\) 0,0455 0,0357 0,0301
\(\tau_b\) 2,07 1,27 0,91
\(\nu_{t.b}\) 0,000 572 0.000 447 0.000 353
\(\frac{\partial \rho}{\partial z}\) 0 11,46 9,00
\(L_m\) - 1,75 1,69
     

mit
\(c_b\) konstante Konzentration (Volumenanteil) an der Sohle (engl. bottom) ,
\(\Delta \rho\) Dichtedifferenz in kg/\(m^3\),
\(\delta_{99}\) Grenzschichtdicke in m,
\(Ri_{b}\) bulk-RICHARDSON-Zahl \(\frac{g \delta_{99} \Delta \rho}{\rho_w
{v_\infty}^2}\),
\(Re_{\delta}\) REYNOLDS-Zahl \(\frac{ v_\infty
\delta_{99} }{\nu} \) ,
\(v_{\tau}\) Sohlschubspannungs-Geschwindigkeit in m/s,
\(\tau_b\) Sohlschubspannung in N/\(m^2\),
\(\nu_{t.b}\) Wirbelviskosität an der Sohle in \(m^2\)/s,
\(\frac{\partial \rho}{\partial z}\) Dichtegradient an der Sohle in kg/\(m^2\) und
\(L_m\) MONIN-OBUKHOV-Stabilitätslänge, Gl.(6.29), in m.


Die Schwierigkeiten, die sich bei der Nachrechnung von in der Literatur [4], [87], [91], [95] veröffentlichten Messungen ergeben, seien anhand der Arbeiten von MOREL et al. [83], [84] veranschaulicht: In Bild 38a sind die von MOREL et al. [84] gemessenen Geschwindigkeitsprofile für die beiden Versuche mit und ohne Kühlung der Windkanalsohle an vier in Längsrichtung der Strömung aufeinander folgenden Positionen angegeben. Bei der Validierung eines k-\(\epsilon\)-Turbulenzmodells in [83] werden die Messwerte an der Position9.16 x=6400 mm aus [84] als Randbedingung der Strömungsberechnung verwendet. Aus der in Bild 38a wiedergegebenen Dastellung sind aber keine konkludenten Unterschiede zwischen den Geschwindigkeitsprofilen an den Positionen x=6400 mm und x=9300 mm zu entnehmen. Desweiteren fehlen die in [83] ebenfalls als Randbedingung bei Position x=6400 mm angesetzten Profile der Turbulenzgrößen k und \(\epsilon\) in [84]. Dies führt dazu, dass nur ein qualitativer Vergleich mit den in Bild 38b wiedergegebenen Berechnungsergebnissen des Programms ,,casu`` möglich ist, obwohl Messung und Berechnung in Bezug auf die bulk-RICHARDSON-Zahl \(Ri_{b}\) (0,173 in der Messung von MOREL et al. [84]) miteinander vergleichbar sind. Die Berechnungen zeigen den von der Dichteschichtung verursachten Rückgang der Geschwindigkeit im wandnahen Teil des Profils. Eine Abnahme der Grenzschichtdicke und der Sohlschubspannung wird im Experiment beobachtet und tritt in den Berechnungen ebenfalls auf.

Um zu einem quantitativen Vergleich zu kommen, wird das berechnete Geschwindigkeitsprofil wie bei WIER und RÖMER [140] gemäß der MONIN-OBUKHOV-Ähnlichkeitshypothese aufgetragen. Der Wandabstand wird dazu mit der MONIN-OBUKHOV-Länge \(L_m\) skaliert. Die Geschwindigkeit wird mit der jeweiligen Sohlschubspannungsgeschwindigkeit \(v_{\tau}\) skaliert und im Ursprung an die Stelle z/\(L_m\)=0.1 verschoben. Durch diese Skalierung und Verschiebung sind die Geschwindigkeiten nicht mehr direkt vergleichbar. Wie SCHLICHTING [111] darlegt, besteht ein Zusammenhang zwischen Geschwindigkeitsverteilung und Widerstandsgesetz. Dieser lässt sich bei der Gleichdruckgrenzschicht herleiten, wenn man sich den Umstand zunutze macht, dass sich die Impulsverlustdicke aus der Integration über die Schubspannung entlang der Stromlinie ergibt. Diese Information über den Verlauf der Schubspannung und die jeweilige Grenzschichtdicke wird bei den Messungen [140] nicht mitgeteilt. Die enge Verbindung von Geschwindigkeitsverteilung und Widerstandsgesetz lässt aber die Schlußfolgerung zu, dass nur, wenn die Geschwindigkeitsverteilung (deren Details für die praktische Berechnung nebensächlich sein können) zutreffend wiedergegeben werden kann, auch die Reibungswiderstände ( welche praktisch vielfach von größerem Interesse sind) stimmen. Analoges gilt für den Zusammenhang von Konzentrationsverteilung und Transportrate.

Bild 39 vergleicht die Berechnungsergebnisse mit und ohne Stabilitätsfunktion mit den Kurven, die in Anpassung an Experimente entstanden sind. Zum einen handelt es sich um die Kurve, die WIER und RÖMER [140] als Ergebnis ihrer Messungen angeben, zum anderen um die Kurve, die von BUSINGER et al. [13] 1971 als Anpassung an Messwerte angegeben worden ist, und die auch BURCHARD et al. [12] benutzen, um ihre Berechnungen mit der Stabilitätsfunktion nach GALPERIN [36] zu vergleichen. Es zeigt sich, dass durch Anwendung der Stabilitätsfunktion die gemessene Geschwindigkeitsverteilung besser angenähert werden kann.

Dieser Testfall hat die Kennung ,,loglinlaw`` in der bereits angegebenen Quelle http://www.wyrwa.de/casu/test.


folgt: 9.5 Suspendierte Sedimente hinauf: 9.4 Stabile Dichteschichtung vorher: 9.4.2 Ebene Scherschicht

Jens WYRWA * 2003-11-05