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9.3.1 Abklingende isotrope Turbulenz

Für den Fall abklingender isotroper Turbulenz lassen sich die partiellen Differentialgleichungen, die das Turbulenzmodell ausmachen, auf die Terme der zeitlichen Änderung und Dissipation reduzieren.

Beim k-\(\epsilon\)-Modell Gln. (7.1) und (7.2) führt dies zu:
\begin{displaymath}
\frac{\partial k}{\partial t}=-\epsilon
\end{displaymath} (9.8)


\begin{displaymath}
\frac{\partial \epsilon}{\partial t}=-c_{\epsilon 2} \frac{\epsilon^{2}}{k}
\end{displaymath} (9.9)

mit
\(k\) Kinetische Energie der Turbulenz,
\(\epsilon\) Dissipationsrate,
\(t\) Zeit und
\(c_{\epsilon 2}\) Modellkonstante.


Für dieses reduzierte Gleichungssystem lässt sich analytisch eine Lösung ermitteln [104]:
\begin{displaymath}
k(t)=k_0 \cdot \left(\frac{t_g }{t+t_g}\right)^{\frac{1}{c_{\epsilon 2}-1} }
\end{displaymath} (9.10)


\begin{displaymath}
\epsilon(t)=\epsilon_0 \cdot
\left(\frac{t_g }{t+t_g}\right)^{\frac{c_{\epsilon 2}}{c_{\epsilon 2}-1} }
\end{displaymath} (9.11)


\begin{displaymath}
t_g=\frac{k_0}{\epsilon_0 \cdot \left(c_{\epsilon 2}-1\right)}
\end{displaymath} (9.12)

mit
\(k_0\) Anfangswert von k,
\(\epsilon_0\) Anfangswert von \(\epsilon\) und
\(t_g\) Zeitmaß.


Experimentell entspricht dieser Fall einer gleichförmigen Strömung hinter einem Gitter. Ein feines Gitter erzeugt nahezu isotrope Turbulenz. Das Abklingen geschieht entlang der Strecke, über welche die Turbulenz konvektiv transportiert wird. Das Turbulenzfeld ist bei diesem Experiment räumlich nicht mehr völlig homogen. Wenn die Geschwindigkeit der mittleren gleichförmigen Bewegung groß genug ist, kann die Diffusion vernachlässigt werden [104]. Somit kann der Wert für die Modellkonstante \(c_{\epsilon 2}\) aus dem Experiment ermittelt werden. Wie RODI [104] angibt, liegen die experimentellen Befunde für \(c_{\epsilon 2}\) in einem Bereich zwischen 1,8 und 2,0. Im k-\(\epsilon\)-Modell wird mit einem Wert von 1,92 für \(c_{\epsilon 2}\) gerechnet. In der 1996 veröffentlichten Untersuchung weisen MYDLARSKI und WAHRHAFT [86] darauf hin, dass in den bis dato durchgeführten Experimenten mit gittergenerierter Turbulenz die REYNOLDS-Zahlen zu klein waren, um wirklich lokal-isotrope9.5 Turbulenz zu erhalten.

Für die datentechnische Erprobung ist der Fall insofern von Interesse, als sich hieran der Dissipationsterm isoliert testen lässt. Bild 27 zeigt die Abklingraten für verschieden Zeitschrittweiten. Die zunehmend besser werdende Erfüllung der Vorhersage gemäß Gln. (9.10) bis (9.12) bei zunehmend kleiner werdenden Zeitschritten entspricht den Erwartungen an den numerischen Näherungsalgorithmus und belegt die korrekte datentechnische Realisierung. In diesem Beispiel wurden die Startwerte für k und \(\epsilon\) der Einfachheit halber im ganzen Gebiet 1 gesetzt.

Bild 27 zeigt, dass sich bei einer Zeitschrittweite von 4.0 s bereits deutliche Unterschiede zur analytischen Lösung ergeben. Gemessen an der Tidedauer von ca. 12 Stunden ist dies relativ kurz. Es lässt sich aus Gln. (9.10) bis (9.12) ableiten, wie lange es dauert \(t_{0,5}\), bis sich die kinetische Energie der Turbulenz k halbiert:
\begin{displaymath}
t_{0,5}=\frac{k_0}{\epsilon_0} \cdot 0,97
\end{displaymath} (9.13)

mit
\(t_{0,5}\) Zeit nach der sich k halbiert hat und
\(0,97\) Faktor basierend auf der Annahme \(c_{\epsilon 2}=1,92\).


Hieran bestätigt sich der Effekt, der sich auch nach dem Umrühren in der Teetasse beobachten lässt: Die Dissipation von Turbulenz ist ein relativ schneller Vorgang; wenn keine kinetische Energie aus der mittleren Bewegung nachgeliefert wird, verebbt die Turbulenz rasch und lediglich die mittlere Bewegung bleibt übrig. Der Tee in der Tasse dreht sich gleichmäßig im Kreis, kurz nachdem man den Löffel aus der Tasse gezogen hat.

Für die Berechnung im Ästuar ist also jeweils zu prüfen, inwieweit es erforderlich ist, die Dissipation der Turbulenz in ihrem zeitlich Verlauf zu erfassen.

Dieser Testfall hat die Kennung ,,iso`` in der bereits angegebenen Quelle http://www.wyrwa.de/casu/test.

Darüber hinaus ist eine weitere Berechnung angefertigt worden, welche die Kennung ,,isocon`` in der bereits angegebenen Quelle http://www.wyrwa.de/casu/test trägt. In dieser findet nicht wie bei ,,iso`` ein zeitliches Abklingen der Turbulenz statt, sondern es werden die o. a. Experimente numerisch nachgebildet, bei denen die Turbulenz entlang einer Strecke abklingt, über die sie von einer gleichförmigen mittleren Strömung konvektiert wird. In dem Testfall ,,isocon`` ist neben der Dissipation auch die Konvektion aktiv. Warum die Überprüfung des Konvektionsterms nicht wie ursprünglich geplant anhand der ebenen Scherschicht vorgenommen werden kann, wird in Abschnitt 9.3.4 diskutiert. Bild 28 zeigt, dass bei entsprechend feiner Diskretisierung die numerische Lösung gegen die analytische konvergiert.


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Jens WYRWA * 2003-11-05